Historisches bis Stiftungsbeginn

Der prächtige Herrschaftssitz mit Doppelnamen fällt im Zentrum von Stans wegen seiner Grösse und Stattlichkeit sofort ins Auge. Dabei präsentiert sich das Äussere deutlich in der Formensprache der Renaissance (16. Jahrhundert) und des ländlichen Barocks (Ende 17. Jahrhundert), erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man, dass sich im Kern ein mittelalterlicher Wohnturm aus dem 13./14. Jahrhundert versteckt.

Nach der Gesamtrestaurierung zwischen 1975 und 1982 durch die Besitzerin, die Höfli-Stiftung, waren darin Teile des Nidwaldner Museums, die Wirtschaft zur Rosenburg sowie im daneben liegenden Wirtschaftsgebäude aus dem 19. Jahrhundert das Chäslager (Galerie und Kleintheater) untergebracht. Ende 2012 wurde der Standort des Nidwaldner Museums im Höfli aufgegeben. Einzelne frei gewordene Räume werden heute für die Ziviltrauungen im Kanton Nidwalden und durch das Literaturhaus Zentralschweiz genutzt. Der Garten innerhalb von Umfassungsmauern lädt zum längeren Verweilen ein.

Mittelalter

Ein mittelalterlicher Wohnturm (Kern der Rosenburg) bildete am Ende des 12. Jahrhundert das Verwaltungszentrum für den Feudalbesitz des Klosters Murbach/Luzern. Als weltliche Vertreter des Gotteshauses amteten hier die Meyer von Stans. Sie nahmen die fälligen Zehnten von den klösterlichen Lehensleuten in Stans und Umgebung ein. Die Naturalabgaben wurden dabei zuerst im Erdgeschoss des Turmes gelagert, bis sie über Stansstad nach Luzern verschifft wurden. Die Vertreter des Propstes nahmen die Lehensleute in ihren Schutz und sprachen für und über sie Recht. Mit den Vertretern anderer Feudalherren, aber auch mit reichsfreien Landleuten suchte er bei Problemen zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen, denn der Alltag war damals in Nidwalden sehr hart.

Mit dem Erstarken Nidwaldens bildete der klösterliche Feudalbesitz immer mehr ein Störfaktor, welcher die Staatswerdung behinderte. Durch Landsgemeindebeschlüsse wurden die Klöster gezwungen, ihre Feudalrechte aufzugeben und ihren Grundbesitz zu veräussern. Der Wohnturm wurde darum für das Luzerner Gotteshaus bedeutungslos. Er wurde aufgegeben und diente über Jahrzehnte den Stanser Bürgern als Steinbruch. Hier holten sie für das Mauerwerk ihrer Häuser das Material.

 

Anfangs des 16. Jahrhunderts erwarb Landschreiber Sebastian Kretz das halb zerfallene Gemäuer samt Umschwung, um hier einen standesgemässen Wohnsitz zu bekommen. Als erstes baute er den Wohnturm auf, wobei er den neuen Dachstuhl mit einem Stufengiebel zweiseitig abschliessen liess. An der Südwestecke liess er im obersten Vollgeschoss zudem einen Erker mit entsprechender Bedachung anbringen. Um 1532 fügte er dem Turm auf der Ostseite einen dreistöckigen Baukörper mit Satteldach hinzu.

Durch Erbgang und Einheiraten kam der spätere Landammann Johannes Waser nach 1550 in den Besitz der Kretzschen Liegenschaft. Dieser hat die Anlage während fast 50 Jahren im Stil der Renaissance prunkvoll um- und ausgebaut. Seine wirtschaftlichen Unternehmungen steuerten hierzu die finanziellen Mittel bei, seine politischen und militärischen Reisen öffneten ihm den Horizont für die neue Bauweise.
In einer ersten Phase zwischen 1558 und 1566 wurde vor allem das Innere verändert. Die zweite Etappe in den 1580er Jahren brachte als Ersatz für den abgebrochenen Erker an der Südwestecke einen schlanken, mit einem hohen Spitzhelm überdeckten Treppenturm. Die gleichzeitig errichtete herrschaftliche Loggia diente auf jeder Etage als Verbindungsweg zum Kretzschen Ostbau. Schliesslich verdeutlichte er die vollständig neue Konzeption dadurch, dass Waser den Stufengiebel verschwinden, den Dachstuhl um 90 Grad drehen und ihn so nach dem First des Annexes ausrichten liess. In einer dritten Bauperiode um 1600 stockte Waser den östlichen Gebäudeteil um zwei Etagen auf und fasste so den ehemaligen Wohnturm und den alten Annex unter einem ausladenden Satteldach zu einer Einheit zusammen.

 
 
 

Die Rosenburg wechselt nach dem Tod von Johann Waser im Jahre 1610 zum Brudersohn Kaspar Waser, der sie bis um 1618 besessen hat. Aus dessen Erbmasse erwirbt Landammann Johann Lussi 1619 den Patriziersitz. Als dieser im November 1633 stirbt, geht die Rosenburg in das Eigentum seines Sohnes Landammann Johann Walter über, der sie 1643 dem Sohne Karl Walter vererbt. Da letzterer keine Nachkommen hinterlässt, erwirbt 1665 (Tod von Karl Walter) dessen Onkel Landammann Johann Ludwig Lussi den Sitz, den er 1692 seinem Verwandten, dem damaligen Obervogt und späteren Landammann Nikolaus Keyser († 1704) verkauft. In all den Jahren, in denen die Rosenburg im Besitz von Angehörigen der Familie Lussi war, hat man am Gebäude, ausser an Instandshaltearbeiten, nicht investiert. Dies sollte sich unter Nikolaus Keyser wieder ändern.

Nikolaus Keyser fügte der Südfassade des Kretzschen Trakts nach 1692 einen Annex in Fachwerkbauweise an. Ost- und westseitig setzte er einen Krüppelwalm im Dachstuhl ein. Die Umgestaltung des Estrichgeschosses markierten nach aussen zwei neue Lukarnen. Im weiteren liess er Turmspitze und Haus mit Wetterfahnen schmücken, die stolz sein Familienwappen zeigen. Die nördliche Aussenwand erhielt ein barockes Fresko. Auch im Innern liess er einzelne Zimmer und den Estrichsaal im Stil des Barocks umgestalten. Einige Felderdecken und Täfer wurden jedoch erst von seinem Sohne, Landammann Nikolaus Daniel Keyser angeschafft, der die Rosenburg von 1703 bis zu seinem Tode 1753 besessen hat. Letzterem gebührt somit die Ehre, das prachtvolle Bauwerk zur Vollendung geführt zu haben.

 

Die Rosenburg blieb bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts im Besitz der Familie Keyser, spätestens 1787 übernahm sie Landsäckelmeister Melchior Josef Wagner, der mit der jüngsten Tochter des Landammanns, Marie Katharina Keyser, verheiratet war. Dessen Sohn, Spitalherr Anton Wagner besass sie ab 1813. Von 1841 bis 1857 ist Kaspar Odermatt-Businger als Eigentümer eingetragen, danach sein Sohn gleichen Namens, der sog. „Höfli-Lätsch“, der sie im Frühjahr 1900 seinem Schwager Anton Wagner verkaufen sollte.

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts hat man die Rosenburg sukzessive aussen und innen den veränderten Bedürfnissen angepasst. Das Gebäude wurde vom Herrschaftssitz in ein Wohn- und Geschäftshaus umgewandelt. Bei dieser Gelegenheit hat man die Loggia abgebrochen und den Helm des Treppenturms abgetragen. Der Zugang zu den verschiedenen Geschossen ermöglichte fortan eine eingebaute, einläufige Treppe im Hausinnern. Mit dem Einbau von Dachlukarnen vergrösserte man die Nutzfläche im Dachgeschoss. Ebenerdig richtete man eine Sennerei und eine Metzgerei ein. Hand in Hand mit den Umbauten ging auch die Veräusserung eines Teils der wertvollen Innenausstattung.

 

Am 10. April 1900 erwarb Anton Wagner-Odermatt die Liegenschaft Rosenburg mit dem dazugehörigen „Steinmättili“. Er konnte sich allerdings nicht lange an seinem Besitz erfreuen, da er schon im Januar 1908 verstarb. Bei der Erbteilung ging der ganze Besitz an Sohn Raymund Wagner-Zelger über, nach dessen Tod 1952 an Raymund Wagner-Rigert (Sohn des vorigen). Da dieser aber schon relativ jung, nur 49jährig starb, waren dessen Töchter Ursula und Rosmarie bereits ab 1958 die neuen Besitzer.

In der Zeit, in welcher die Rosenburg Eigentum der Familie Wagner war, wurde äusserlich wenig verändert. Auch im Innern hat man sich auf das Instandhalten und das Ausführen nur der allernotwendigsten Anpassungen beschränkt. Für eine grundlegende Sanierung fehlte das Geld. Um zu verhindern, dass das historische Gebäude irgendwann einmal einem Neubau weichen müsste, hat am 28. November 1969 die Höfli-Stiftung die Liegenschaft gekauft, um die Gebäude in einer Gesamtrestaurierung zu erneuern. Seit 1982 zeigt sich die Rosenburg äusserlich wieder im gleichen Cachet, wie sie auf Grund des archäologischen Bauuntersuchs um 1750 ausgesehen hat.

Die weiteren Entwicklungen ab Gründung der Höfli-Stiftung im November 1969 können der Rubrik "Stiftung" dieser Homepage entnommen werden.

 
 

Zusammen mit dem Ökonomiegebäude aus dem 19. Jahrhundert (wird heute als Kleintheater/Galerie genutzt) und der Ringmauer bildet die Rosenburg einen pittoresken Patriziersitz, der dank der langen Baugeschichte auf jeder Seite einen anderen Anblick zeigt. Besonders imposant sieht er mit dem schlanken Treppenturm und der Renaissance-Loggia auf der Südseite aus. Gut ablesbar sind die verschiedenen Bauetappen auf der Nord- und Ostseite (Anbau Kretz und Riegelbau), während der mittelalterliche Charakter des alten Wohnturms noch am besten auf der Westseite zum Ausdruck kommt. Der Rosengarten innerhalb der Ringmauer lädt bei schönem Wetter vom Frühling bis in den Herbst zum Verweilen in historischer Umgebung ein. Im Dezember bietet er den malerischen Hintergrund für den Stanser Weihnachtsmarkt.

 
 

Im Erdgeschoss sind mit TurmstubeHöfli Chäller und Nidwaldner Stubä die Gasträume der Wirtschaft zur Rosenburg untergebracht. Das Kamin und die warme Eichenbalkendecke in der Turmstube vermitteln ein heimeliges Gefühl. Gleichzeitig erhält man hier am besten den Eindruck von den Innenmassen des einstigen Wohnturms aus dem 13. Jahrhundert. Das Mauerwerk der Wände stammt aus dieser Zeit. Im Höfli Chäller fühlt man sich mit seinem Tonnengewölbe und mit seinen Stichkappen in eine alte Trinkstube versetzt. Die Nidwaldner Stube beherbergt ein fünfteiliges, mit gewundenen Säulen besonders ausgezeichnetes Nussbaumbüfett aus dem frühen 19. Jahrhundert.

Turmstube  
 
Höfli Chäller  

Die Räume dieses Geschosses werden vom Nidwaldner Museum (bis 2012), dem Zivilstandsamt Nidwalden und der Wirtschaft zur Rosenburg genutzt. Besonders sehenswert ist das Prunkzimmer mit der originalen Kassettendecke von 1566 und dem farbigen Tonfliesenboden. Das grosse Portal auf der Westseite verbirgt die Hauskapelle aus den 1690er Jahren mit einem hübschen Altar aus der Bauzeit. Sein Ölbild, das zwei gewundene Säulen flankieren, zeigt einen Dreimaster auf stürmischer See, dem die Gottesmutter Maria (Meerstern) als Wegweiserin voranschwebt. Auf der Mensa stehen drei barocke Kleinplastiken, nämlich Bruder Klaus, Antonius von Padua und eine Pietä.

Die Waser-Stube mit dem aus Reliefkacheln gebildeten Turmofen, der stark gegliederten Täferung, der prachtvollen Kassettendecke und dem reich geschnitzten Intarsienbüfett war einst der schönste Raum der Rosenburg. Nach dem Verkauf des Interieurs von 1566 wurde die Stube in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der heutigen Biedermeierausstattung geschmückt: die einfache Felderdecke und der schlichte Parkettboden, dazu das hübsche halbhohe Wandtäfer mit dem kräftigen Abschluss.

Keyser-Stube: Täferung und Kassettendecke mit den Ahornfüllungen und Nussbaumrahmen oder Profilstäben stammen aus dem späten 17. Jahrhundert. Die geohrten Füllungen wiederholen sich in den Türen des Büfetts, dessen dreiteilige Gliederung von Hermenpilastern verstärkt wird. Das Büfett zieren die Initialen des Bauherren und seiner Gemahlin: «H.N.K.O.F.A.M.L.1692» (Herr Nikolaus Keyser, Obervogt; Frau Anna Marie Lussi; 1692).

 
 
 
 

Hier befindet sich das "Literaturhaus Zentralschweiz" www.lit-z.ch. Die Räume sind mit einer einfachen Holztäferung und –decke vom Ende des 17. Jahrhunderts ausgestattet. Besondere Erwähnung verdienen das Zimmer mit der bemalten Kassettendecke.
Von den zwanzig Feldern hat ein unbekannter Künstler achtzehn mit Emblemen in Grisailletechnik mit Lebensweisheiten geschmückt. Die Sanduhr mit dem Spruch «SIC TRANSEO» erinnert an die Vergänglichkeit alles Irdischen. Die aufrechtstehende Palme, die rings von Nattern umgeben ist («INVIDIA INTEGRITAS ASSECLA») spielt darauf an, dass selbst der rechtschaffenste Mensch ständig Neider um sich schart. Einen Hinweis bedarf ferner das Zimmer mit der Grisaillemalerei. Dessen Fensternischen und Wandflächen sind mit Trauben, Rosen und anderen Blumen sowie mit ornamentalen Figuren geschmückt, die vom Stanser Maler Martin Obersteg dem Jüngeren stammen könnten.
 

 
 

Wie in anderen Nidwaldner Herrschaftshäusern befindet sich in diesem Geschoss der Festsaal. In der derzeitigen Gestalt entstand er am Ende des 17. Jahrhunderts. Ein namentlich nicht bekannter Künstler versuchte durch Verwendung von Architekturelementen mit seinen Malereien den Eindruck einer offenen Laube zu erzielen. Überall lässt er Durchblicke entstehen, vorzugsweise in einen blauen, von Vögeln bevölkerten Himmel oder hinter Vorhang und Balustraden in eine illusionistische Landschaft. Allegorische Figuren schauen von aussen auf den Besucher hinunter. Zwei Putti fliegen im Deckenzentrum das Keyser-Wappen ein. - Der westlich anschliessende offene Estrich erlaubt einen instruktiven Blick in die Gebälkkonstruktion. Auf der Südseite ist im Mauerwerk der gotische Treppengiebel samt Doppelfenster und Sitzgelegenheit sichtbar.

 
 
 

Neben der Rosenburg haben die einstigen Besitzer um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Scheune erstellt. Das markante Gebäude gefällt in seinen ausgewogenen Proportionen. Augenfällig sind die dekorativen Holzgitter mit den Nagelköpfen an den Kreuzungspunkten. Im Innern ist heute das „Chäslager“, ein Kleintheater mit Galerie, untergebracht.

 
 
 
 

Der spezielle Reiz und die Einmaligkeit der Rosenburg liegen wohl im glücklichen Zusammenspiel des Hauptgebäudes mit den Nebenbauten, die sich trotz verschiedener Entstehungszeiten, verschiedener Stile und Bauelemente zu einem prächtigen Ensemble vereinen. Wie sonst nur selten in der Innerschweiz können hier an einem Komplex auch die einzelnen Bauphasen gut abgelesen werden. In seinem herrschaftlichen Gehaben entspricht die Rosenburg der ursprünglichen Bestimmung als Sitz von kleinadeligen Ministerialen bzw. von patrizischen Landammännern. Mehrere Innenräume vermitteln ein gutes Bild, wie die Nidwaldner Oberschicht in der Zeit der Renaissance und des Barocks gelebt hat. Mit Recht darf darum die Rosenburg als eine der bedeutendsten Profanbauwerke des Kantons Nidwalden bezeichnet werden.

Hansjakob Achermann

 

Literaturhinweis:
Über die Rosenburg existiert ein Kunstführer: Hansjakob Achermann, Das Höfli oder die Rosenburg in Stans NW (Schweizerischer Kunstführer der GSK, Serie 44, Nr. 433), Bern/Stans 1988. Der Führer kann vorort käuflich erworben werden.